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| Manfred Hoffmann, Tor nach Zion e.V.

„Quelle der Tränen“ kommt nach Auschwitz-Birkenau

Der Künstler Rick Wienecke lebt im Norden der Negevwüste in Israel und hat dort ein einzigartiges Kunstwerk geschaffen. Die „Fountain of Tears“, zu Deutsch: „Quelle der Tränen“, hat er in einem intensiven Prozess des Hörens auf Gottes Reden und im Suchen nach künstlerischen Ausdrucksformen zwischen 2001 und 2008 gestaltet. Es ist ein Dialog zwischen dem gekreuzigten Yeshua von Nazareth und Holocaustüberlebenden.

Im Mittelpunkt stehen die letzten überlieferten sieben Deklarationen des Gekreuzigten und die sehr vielschichtige Reaktion des Holocaustüberlebenden darauf. Das Kreuz ist nicht zu sehen. Yeshuas Gestalt tritt aus Jerusalemer Gestein hervor und wird von Juden als einer von ihnen erkannt. Yeshua ist im Holocaust nicht abwesend, sondern identifiziert sich vollkommen mit dem Leiden seines Volkes, der Juden. Das geht so weit, dass Yeshua bei dem Schrei „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ keine Haare und keinen Bart mehr hat und eine tätowierte Nummer auf dem Arm – so wie der Holocaustüberlebende.

Dieses Kunstwerk haben in Israel bisher über 15.000 Juden und Christen gesehen. Juden erkennen in Yeshua: „Er ist einer von uns. Er ist doch nicht der, der uns bis aufs Blut verfolgt hat.“ Christen erkennen, dass ihr blonder Heiland überraschenderweise ein jüdischer Messias ist.

Rick Wienicke und seine Frau Dafna haben in ihrem Herzen gespürt, dass Gott dieses Kunstwerk nun vor den Toren des größten Konzentrations- und Vernichtungslagers der deutschen Nationalsozialisten in Auschwitz- Birkenau in Polen haben möchte. Täglich gehen heute dort junge Israelis durch und kommen tief betroffen heraus, wenn sie das Ausmaß des Vernichtungswahns der Nazis, das ihre Vorfahren getroffen hat, zu Gesicht bekommen. Wo sollen sie damit hingehen?

Das Kunstwerk „Quelle der Tränen“ kann ein Weg für sie sein, einen Weg der Trauer und der Versöhnung zu gehen, an deren Ende ein liebevoller Vater durch Yeshua mit offenen Armen auf sie wartet. Als Verein „Tor nach Zion e.V.“ unterstützen wir Rick und Dafna in diesem Vorhaben und waren vergangenen August mit zwei Arbeitsgruppen zwei Wochen in Auschwitz tätig. Total dankbar bin ich, dass ich bei Michael Sawitzki offene Türen gefunden habe, als ich um praktische Hilfe bat.

Zuerst ging es um die Errichtung einer Werkstatt für das Künstlerehepaar. Da war die Zunft unseres Erlösers gefragt – Zimmerleute! Nach Rücksprache mit Rick richtete Michael Sawitzki von Israel aus einen Aufruf an Holzfachleute aus dem Kreis des Handwerkerdienstes der Sächsischen Israelfreunde. Recht schnell meldeten sich Klaus-Dieter Broennle aus Thüringen und Klaus-Peter Schneidenbach aus dem Erzgebirge bei mir.

Die letzte Woche im März machten wir als Einsatzzeit fest und reisten dann gemeinsam mit PKW und Hänger voll Holzbearbeitungswerkzeugen nach Auschwitz in Polen. Klaus-Dieter hatte bisher nur Email-Kontakte gehabt. Er ist schon drei Mal zu Arbeitseinsätzen in Israel gewesen und hatte dort bewegende Erfahrungen mit Holocaustüberlebenden gemacht. Klaus-Peter hatte schon vorher auf einer Gebetsreise mit Christa Behr die Vernichtungslager der Nazis in Polen besucht.

Meine Frau und ich kümmern uns vor allem um ehemalige Leipziger Überlebende des Holocausts. So hatten Klaus-Peter und ich gemeinsame Erfahrungshintergründe. So wussten wir, weshalb wir uns diese acht Tage um die Ohren schlagen würden. Unsere Gedanken teilten wir mit Klaus-Dieter, für den die Auseinandersetzung mit dem Holocaust neu war.

Am 22. März kamen wir abends bei der Pfingstgemeinde am Marktplatz in Auschwitz an, die uns günstiges Quartier bot. Dort hatten wir ein erstes Treffen mit Rick und Dafna und trafen erste Absprachen. Am Sonntag deckten wir dann die Plane vom Fundament ab und planierten etwas dessen Umgebung. Nachmittags hatten Klaus-Dieter und ich die Möglichkeit, dem Konzentrationslager Auschwitz- Birkenau einen Besuch abzustatten. Verschiedene Gruppen junger Israelis strömten mit uns ins Lager. Einige waren Haredim, leicht an ihrer schwarzen Kleidung erkennbar. Andere hatten Kippot auf, viele trugen israelische Fahnen. An den Krematorien hinter den Schienen erklang die „Hatikva“ („die Hoffnung“), die Nationalhymne Israels. Wir summten mit und wollten so unser Herz mit den jungen Israelis teilen.

Doch fehlten uns die Worte an diesem Ort des Grauens, der sie und uns in den Bann schlug. Wir spürten, dass es eine andere Sprache, die Sprache der Kunst braucht, um verletzte Herzen zu berühren. So machten wir uns am Montag an die Arbeit und schraubten die tragenden Bretter auf das Betonfundament. Das kostete uns einen ganzen Tag Zeit und Kraft. Die Löcher in den Beton zu bohren, stellte sich als mühsame Arbeit heraus. Dienstag kamen wir schnell voran. Klaus-Peter las die Zeichnung des Architekten und maß die Bretter auf.

Klaus-Dieter schnitt sie mit seiner Cuttersäge zu. Dann schraubten wir die Seitenwände zusammen. Eine nach der anderen wurde dann auf die Bretter der Bodenplatte aufgeschraubt. Verkleidet wurden die Seitenwände mit OSBPlatten. Das Ziel des Abends war jedoch ein wunderbares Dinner bei Darek und seiner Familie. Er koordiniert die Arbeiten und führt die Verhandlungen mit polnischen Behörden. Außerdem ist er Gitarrist der Lobpreisband der Pfingstgemeinde. Die polnische Gastfreundschaft haben wir sehr genossen. Das Essen war köstlich und wir spürten denselben Geist der Liebe für Gottes Volk bei unseren neuen polnischen Freunden.

Mittwoch war der Vorbereitung der Dachkonstruktion vorbehalten. Für die Dachsparren mussten die Bretter ausgemessen und zugeschnitten werden. Da war echt Geschick und die Erfahrungen von Klaus-Peter und Klaus- Dieter gefragt. Donnerstag wurden die Dachsparren erst am Boden vormontiert, dann geordnet und schließlich für die Montage vorbereitet. Unter umsichtiger Anleitung von Klaus-Peter und Mithilfe von Darek hoben wir den ersten Dachsparren auf die Seitenwände. Das war mit zwei Leitern etwas abenteuerlich.

Am Abend waren allen Dachsparren montiert und provisorisch verstrebt. Freitag wurde die Dachkonstruktion mit Metallwinkeln und mit Querlatten verstärkt. Schließlich wurde die Kondenswasser abhaltende Membran geschnitten und festgetuckert. Dann montierten wir schmale Latten auf die Dachsparren für die Membran und schließlich darauf die Dachlatten. Bis zum Sabbatbeginn konnten wir eine Dachseite fertigstellen. Abends gingen wir mit Rick und Dafna schön essen und feierten schon etwas das Geschaffte. Samstag kam dann die zweite Seite des Daches dran. Membran antuckern, schmale Latten auf Dachsparren und schließlich die Dachlatten montieren. Die restlichen OSBPlatten wurden an die Seitenwände geschraubt und spät am Mittag stand der Rohbau der Werkstatt.

Dann hatten wir noch etwas Zeit, um das Stammlager Auschwitz zu besichtigen. Der Wahnsinn des Bösen und der Zerstörung hat uns sehr erschüttert. Eindrücklich war die Neugestaltung des jüdischen Blocks, wo das jüdische Leben vor der Zerstörung durch das monströse deutsche Verbrechen des Holocausts im Vordergrund stand.

Über dieser Woche stand die Gunst des Herrn. Angefangen vom Wetter, das uns fast nur Sonnenschein bescherte, über die wunderbare Gastfreundschaft unserer polnischen Geschwister, der Bewahrung vor Schaden bis zu der tollen Zusammenarbeit von Klaus-Dieter, Klaus-Peter, Rick, Darek und mir. Am Ende fuhren wir glücklich nach Hause in dem Bewusstsein, dass wir an einem Werk mitwirken durften, durch das Gott Seine Liebe Seinem Volk an dem Ort ihres tiefsten Leides zeigen wird.

Meine berechtigte Hoffnung ist es, dass Freunde unseres Vereins und Handwerker der Sächsischen Israelfreunde e.V. noch mehrere gemeinsame Arbeitseinsätze in Auschwitz- Birkenau und in Israel bestreiten werden. Darauf freue ich mich jetzt schon.

"Fountain of Tears"
"Fountain of Tears"
Medienarbeit / Presse