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| Carmen Matussek, Tübingen

Nahostkonflikt bei Wikipedia

Am 06.08.2011 erschien bei wdr.de ein Artikel mit dem Titel „Israelisch-arabische Diskussionen in der Online-Enzyklopädie: Nahostkonfl ikt im Wiki-Land“ von Suska Döpp. Sie geht darin der Frage nach, inwieweit durch den Nahost-Konflikt entstandene Feindbilder durch „neutrales Wissen“ entzerrt werden können, oder ob sie durch Artikel in der unabhängigen Enzyklopädie nicht eher verstärkt werden?

Zunächst einmal muss man dazu feststellen, dass „unabhängiges Wissen“ nicht gleich „neutrales Wissen“ ist. Bei Wikipedia kann jedermann hineinschreiben, was er will, und jeder andere kann es ändern. Für die deutschund die englischsprachige Enzyklopädie ist bemerkenswert, wie informativ und qualitativ hochwertig die Artikel in der Regel sind, wenn auch nicht „zitierfähig“ im wissenschaftlichen Sinne. Neben Kontrollmechanismen der Betreiber, durch die strafbare, verleumderische oder böswillig falsche Einträge geblockt werden können, funktioniert das Nachschlagewerk „selbstreinigend“. Ergebnis ist – neben „harten“, belegbaren Fakten – ein differenziertes Bild, bei dem verschiedene Meinungen zu einem Thema nebeneinander stehen. Wie verhält es sich bei Artikeln, die den Nahost-Konfl ikt betreffen, in Sprachen, deren Leser mehrheitlich durch gewisse Feindbilder geprägt sind?

Dror Kamir von Wikimedia Israel meint dazu: „In der arabischen Wikipedia gibt es sehr viele antiisraelische Beiträge, in der hebräischen mehr Inhalte, die einen israelischen Standpunkt wiedergeben, und in der englischen Version hält sich das die Waage.“ – Bietet also die englische Version den wahrhaftigen Ausgleich zwischen der arabischen und der hebräischen „Lüge“?

Ich kann leider kein Hebräisch, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass die Fakten dort auch nur annähernd so verdreht dargestellt werden, wie ich es aus dem arabischen Wikipedia-Artikel über die Protokolle der Weisen von Zion kenne. Dort geht es vordergründig um die Frage, was diese Protokolle sind und wie sie entstanden sind. Unter der Überschrift „Die Verschwörung“ wird aber lebhaft diskutiert, was es mit der jüdischen Weltverschwörung auf sich hat. In pseudowissenschaftlicher Manier werden auch hier verschiedene „Meinungen“ widergespiegelt, wobei aber die Aussagen übermäßig vieler Autoritäten bemüht werden, um die Existenz einer jüdischen Weltverschwörung zu belegen.

Schon Henry Ford habe erklärt, „dass die Protokolle mit dem übereinstimmen, was bis auf diesen Tag in der Welt geschieht.“ Auch in einer russischen Wochenzeitung sei 2003 zu lesen gewesen, es sei gar nicht wichtig, ob die Protokolle Wahrheit oder Fälschung seien, sondern dass sie in Übereinstimmung mit dem stünden, was derzeit in Europa geschehe. Hitler habe die Protokolle in seinem Buch „Mein Kampf“ erwähnt und dazu angemerkt, dass die Geschichte der Juden von Lüge und Betrug gekennzeichnet sei und dass es vor ihren Aktivitäten und Zielen berechtigte Ängste gäbe. Dazu muss gesagt werden, dass ein Zitat von Adolf Hitler in der arabischen Welt anders wirkt als in Europa. Tatsachen über den Holocaust sind dort kaum bekannt und Hitler wird als jemand dargestellt, der für sein „Lebenswerk“ Anerkennung verdient.

Lesen Sie den ganzen Artikel in der Ausgabe 3/2011.

Medienarbeit / Presse