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| Johannes Gerloff, Jerusalem

Demokratie für Nahost

Viel Neues hatte US-Präsident Barack Obama in der Rede vom 19. Mai nicht zu bieten, die vor allem in Israel mit großer Spannung erwartet worden war. Immerhin machte sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu unmittelbar nach den letzten Worten des mächtigsten Mannes der Welt auf den Weg nach Washington und man erwartete einen Hinweis darauf, was Netanjahu in der amerikanischen Hauptstadt erwarten werde.

„Assad hat eine Wahl“, ließ Obama verlauten: „Entweder er führt den Wandel zur Demokratie an, oder er geht aus dem Weg.“ Diese klare Aussage in Richtung des syrischen Präsidenten war vielleicht das entscheidend Neue in einer Rede, die von Beobachtern in Israel als „Fortsetzung der Kairo-Rede“ vom Sommer 2009 gesehen und als „sehr naiv“ gewertet wurde. Obama habe Ideale vertreten, wenn er einen demokratischen Aufbruch in Nahost postulierte. Ein reeller Bezug auf die eigentlichen Probleme habe gefehlt. Aus Damaskus war zu hören: „Das ist die übliche Heuchelei der Amerikaner!“ Und: „Die Sanktionen beeindrucken überhaupt nicht!“

Obama zeichnete ein Bild von einem Nahen Osten auf dem Weg zur Demokratie und versprach, diesen Prozess mit allen Mitteln – vor allem aber wirtschaftlichen Anreizen – zu unterstützen. Die Rechte des Einzelnen will der amerikanische Präsident geschützt sehen, die arabischen Frauen „ermächtigt“ und Pressefreiheit, „auch wenn die nicht sagen, was wir hören wollen“. Eher am Rande erwähnte er das aus israelischer und palästinensischer Sicht zentrale Thema, den israelisch-palästinensischen Konflikt.

„Zwei Staaten für zwei Völker auf der Basis der 1967er Grenzen mit Grenzkorrekturen“ bestimmte der amerikanische Präsident, sei die Grundlage für den weiteren Verhandlungsprozess. Ein entmilitarisierter Staat Palästina müsse neben Israel als Staat des jüdischen Volkes entstehen. Damit sagte Obama von der Substanz her kaum Anderes, als Netanjahu in seiner programmatischen Rede an der Bar-Ilan-Universität im Sommer 2009. Allerdings gab er auch keinen Hinweis darauf, wie Palästina als „zusammenhängender“ („contiguous“) Staat entstehen sollte, wo der Gazastreifen und das Westjordanland doch schon in der Zeit vor 1967 getrennt waren. Er wiederholte einfach nur die Phrase, die sein Vorgänger George W. Bush geprägt hatte: „Die Palästinenser müssen ihr Schicksal selbst bestimmen können in einem souveränen und zusammenhängenden Staat.“

Barack Obama stellte klar: „Die Deligitimierung Israels wird nicht gelingen!“ Und: „Die Palästinenser werden ihre Unabhängigkeit nie erreichen, wenn sie Israels Existenzrecht nicht anerkennen.“ In Richtung Israel betonte er: „Unsere Verpflichtung für Israels Sicherheit ist unerschütterlich!“ Und: „Israel muss sich eigenständig gegen jegliche Bedrohung von außen verteidigen können.“ Dann erhob er allerdings auch in Richtung auf die Israelis den Zeigefinger: „Gerade wegen unserer Freundschaft müssen wir die Wahrheit sagen: Der Traum einer jüdischen Demokratie wird nicht bei gleichzeitig andauernder Besatzung erreicht werden können.“ „Der Status Quo ist nicht haltbar“, behauptete Obama und versuchte so dem Nahostfriedensprozess Dringlichkeit zu verleihen.

Gleichzeitig vermied der amerikanische Präsident aber jede konkrete Aussage zu heiklen Themen. Er erwähnte nicht die großen Siedlungsblöcke, aber auch keine Siedlungsräumungen. Die hoch emotionalen Streitpunkte „Jerusalem“ und „Rückkehrrecht für Flüchtlinge“ verwies er auf eine spätere Verhandlungsphase. Der für September von den Palästinensern geplanten einseitigen Ausrufung eines unabhängigen Staates erteilte er eine klare Absage. Der ehemalige Amerikakorrespondent des israelischen Fernsehens, Jaron Dekel, meinte, die Rede sei für die Regierung Netanjahu nicht leicht zu schlucken, weil dort niemand von den „Grenzen von 1967“ reden wolle. Daraufhin war aus der rechten Nationalen Union zu hören: Die Erwähnung der 67er Grenzen sei überhaupt nichts Neues. Darüber hätten schon Clinton und Bush und Barak und Olmert und Livni verhandelt, ohne irgendeinen Erfolg.

Tatsächlich schien Obama (oder seine Redenschreiber) total übersehen zu haben, dass die so genannten „Palileaks“ vor ein paar Monaten weitgehende Zugeständnisse der palästinensischen Unterhändler in dieser Richtung offenbart hatten – was von der palästinensischen Öffentlichkeit aufs Schärfste kritisiert wurde. Der palästinensische Politiker Nabil Schaath meinte spontan, eine Rückkehr zu Verhandlungen sei ohne Siedlungsstopp undenkbar.

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