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Brief an den apostolischen Nuntius

An den apostolischen Nuntius in Berlin, Dr. Nikola Eterovic

Sehr geehrter Herr Dr. Eterovic,

mit Sorge hören wir die Nachricht, dass der Vatikan Palästina als Staat anerkennen will. Mit Sorge, weil dies aus unserer Sicht den Nahostkonflikt kaum lösen wird, die Existenz Israels gefährdet und den Palästinensern in den Autonomiegebieten nicht wirklich hilft.

Der Schritt, Palästina als Staat anzuerkennen, setzt in einem komplexen Konflikt ein bedenkliches Signal. Wie Sie wissen, hat die palästinensische Autonomiebehörde bis heute das Existenzrecht Israels nicht glaubwürdig anerkannt und von Gewalt als untauglichem Mittel der Konfliktlösung nicht ernsthaft Abstand genommen. Mit der Anerkennung Palästinas als Staat unterstützt der Vatikan zumindest indirekt diesen Weg. Dieses Signal halten wir für kontraproduktiv. Was die Zwei-Staaten-Lösung anbelangt, so bemängeln wir, dass Gegenmodelle (selbst jene aus dem Munde der Betroffenen!) nicht ernst genommen werden. Wer mit den verschiedenen Parteien vor Ort spricht, der weiß, dass ein Staat Palästina derzeit kaum lebensfähig ist, zu zunehmender Verarmung der Bevölkerung führen wird, die Verteidigungsfähigkeit Israels elementar schwächt und den Konflikt voraussichtlich institutionalisiert.

Außerdem ist zu fragen, was für ein ‚Staat Palästina’ aufgebaut werden soll. In den Israel umgebenden Ländern hat sich der „Arabische Frühling“ mehrheitlich zu einem islamistischen Winter abgekühlt. Glaubt der Vatikan ernsthaft, dass Hamas und PLO friedlich miteinander eine institutionell abgesicherte demokratische Ordnung aufbauen werden? Das ist unrealistisch. Es ist zu befürchten, dass ein Staat Palästina derzeit ein weiterer radikal-islamischer Staat auf der Landkarte würde, der Christen und andere Minderheiten verfolgen, Juden ausweisen und Menschenrechte mit Füßen treten wird. Das kann der Vatikan nicht ernsthaft wollen.

Im Gegenzug ist zu konstatieren, dass Minderheiten in keinem Land des gegenwärtigen Mittleren Ostens so frei und selbstbestimmt leben wie in Israel! Und nirgendwo auf der Welt geht es den Palästinensern besser als dort, wo sie mit den Israelis in Frieden zusammenleben. Politische Lösungen allein schaffen keinen echten Frieden. Friede beginnt in den Herzen, nicht in der Politik.

Auf diesem Hintergrund ist es enttäuschend, dass das Modell eines ausgesöhnten Zusammenlebens von Palästinensern und Juden in einem gemeinsamen Staat Israel vom Vatikan nicht aufgegriffen wird, zumal diese Vision in der alttestamentlichen Prophetie vorliegt (Jer 12, 16; Ez 47, 22) und vor Ort vielfach gelebt wird. Auch aus Sicht des Evangeliums ist es eindeutig, dass sich Christen für Versöhnung einsetzen und nicht einseitige Parteinahme praktizieren sollten.

Wir möchten Sie bitten, unsere Bedenken weiterzugeben, und sich vor allem anderen für Frieden und Aussöhnung einzusetzen. Hier hat der Vatikan u. E. eine besondere Chance.

Mit freundlichen Grüßen
Tobias Krämer, Theresia Ebert, Benjamin Schnabel

Papst Franziskus
Der Vatikan hat den Staat Palästina offiziell anerkannt.
Medienarbeit / Presse