Zeitschrift "ZUM LEBEN"

Zum Leben 2+3 | 2014 - Bring Back Our Boys

Zum Leben 2+3 | 2014

Liebe Freunde,

„Wenn Du vernünftig bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt, während jene wartet, bis sie gefüllt ist. Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter. Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen, und habe nicht den Wunsch, freigiebiger zu sein als Gott. Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zum See. Tue Du das Gleiche! Zuerst anfüllen und dann ausgießen. Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt, überzuströmen nicht auszuströmen. Ich möchte nicht reich werden. Wenn du mit Dir schlecht umgehst, wem bist Du dann gut? Wenn Du kannst, hilf mir aus Deiner Fülle. Wenn nicht, schone Dich.“ (Bernhard von Claivaux)

Dies hatte ich schon im letzten Editorial geschrieben, nicht ahnend, wie sehr dieses Wort meine vergangenen Monate prägen wird. Das hat es in diesem Maße noch nie gegeben, dass mich zahlreiche E-Mails und Briefe zu einem Editorial erreichten. Offensichtlich hat das Wort viele tief berührt!

Zunächst habe ich mich ein wenig intensiver mit Bernhard von Claivaux (1090- 1153), dem Gründungsabt des Zisterzienserklosters Claivaux beschäftigt. Sein Leben war geprägt von der Spannung zwischen der Sehnsucht nach Gott im klösterlichen Leben und dem Drang nach Aktivität in der Mission in der damaligen Welt. In diesem Zusammenhang hat er wohl auch obiges Zitat verfasst.

Dann kam ich allerdings ins Stutzen. Er erlangte fragwürdige Berühmtheit für seine starke Werbung für den II. Kreuzzug (1147- 1149). Wieder ein Mann der Kirchengeschichte, dem es, wenn es um die Juden ging, an geistigem Durchblick mangelte. Ähnlich wie bei Augustinus oder Luther liegen auch hier Licht und Schatten sehr dicht beieinander. Einerseits findet man tiefschürfende Gedanken, andererseits ist so manches praktische Handeln vor dem Hintergrund dieser Gedanken sehr fragwürdig.

Ja, so ist das mit uns Menschen, egal ob arm oder reich, berühmt oder eher nicht, heilig oder gewöhnlich. Alle haben gesündigt und ermangeln der Herrlichkeit Gottes und werden ohne Verdienst gerechtfertigt aus seiner Gnade durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist. So steht es im Römerbrief (3,23-24). Mit anderen Worten: Es gibt keine Heiligen ohne Vergangenheit und keine Sünder ohne Zukunft. Da sitzen auch wir mit im selben Boot. Die Kraft, Schönheit und Versöhnung des Evangeliums mit unserem Vater im Himmel bricht überall durch, allein aus Gnade! Auch bei denen, die in der Vergangenheit und vielleicht auch gegenwärtig noch nicht den richtigen Blick für Israel haben. Alle Gottes- und Schriftund Sündenerkenntnis ist Gnade!

Ein Wort von Martin Luther, der auch zu dieser unserer ehrenwerten Gesellschaft der aus Gnade geretteten Sünder gehört, bringt es auf den Punkt: „Mir ist‘s wegen angeborener Bosheit und Schwachheit bisher unmöglich gewesen, den Anforderungen Gottes zu genügen. Wenn ich nicht glauben darf, dass Gott mit mir um Christo willen das täglich beweinte Zurückbleiben vergeben hat, so ist‘s aus mit mir, ich muss verzweifeln. Aber das lass ich bleiben! Wie Judas an den Baum hängen, das tu ich nicht. Ich häng mich an den Hals oder Fuß Christi, wie die Sünderin, ob ich auch noch schlechter bin als diese. Ich halte meinen Herrn fest. Dann spricht er zum Vater: „Dies Anhängsel muss auch durch. Er hat zwar nichts gehalten und all deine Gebote übertreten. Aber er hängt sich an mich Vater. Was will‘s! Ich starb auch für ihn. Lass ihn durchschlüpfen. Das soll mein Glaube sein!“

Alles ist Stückwerk, auch all die viele geistlichen Worte, die unsere Väter im Glauben von sich gegeben haben! Aber das, „Was will‘s! Ich starb auch für Ihn. Lass ihn durchschlüpfen. Das soll mein Glaube sein!“, das ist für mich, und ich hoffe auch für Dich, das Entscheidende im Leben. Beten wir dafür, dass wir als Sächsische Israelfreunde ein Verein der Durchgeschlüpften sind! Ich wünschen Euch/Ihnen allen eine gesegnete Sommer- und Urlaubszeit.

Mit herzlichem Schalom
Wilfried Gotter

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