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| Wilfried Gotter, Schönborn

Wenn Dein Wort nicht mehr soll gelten

2. Israelforum in Bad-Blankenburg

Der einst in Sachsen segensreich wirkende Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf wusste: „Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruh`n? Mir ist`s nicht um tausend Welten, aber um dein Wort zu tun.“ Beim 2. Israelforum, das vom 10. bis 12. Februar im thüringischen Bad Blankenburg stattfand, ging es wieder einmal um Israel! Man sollte es nicht vermuten, aber es ist so, dass das Schriftverständnis auch unter lebendigen Christen sehr unterschiedlich ist. „Wenn Theologie auf Wirklichkeit trifft“, so könnte man vieles auf den Punkt bringen, was besprochen wurde und in einer kurzen Meldung nicht vermittelbar ist. Zunehmend gibt es auch Probleme mit so genannten bibeltreuen Ausbildungsstätten. Professor Klaus Berger plädierte schon beim 1. Forum dafür, dass jeder Theologiestudent mindestens drei Semester Judaistik studieren solle und zwei davon in Israel.

Manches kann man natürlich auch mit Humor umschreiben, wie zum Beispiel die folgende Anekdote veranschaulicht: Ein Pfarrer konsultiert einen Psychiater. Dieser fragt ihn unter anderem: „Reden Sie im Schlaf?“ „Nein“, antwortet der Pfarrer. „Ich rede nur wenn andere schlafen.“ Wenn man dem Schöpfungswort Gottes, das unsere Welt und auch Dich und mich geschaffen hat, nichts mehr zutraut, dann kann es schon mal vorkommen, dass die Gemeinde schläft bzw. sich woanders nach einer bibeltreuen Verkündigung umschaut. In seinem Buch „Gemeinsames Leben“ schreibt Dietrich Bonhoeffer: „Wie sollen wir in unserm persönlichen und kirchlichen Handeln jemals Gewissheit und Zuversicht erlangen, wenn wir nicht auf festem Schriftgrund stehen? Nicht unser Herz entscheidet über unsern Weg, sondern GottesWort. Wer aber weiß heute noch etwas über die Notwendigkeit des Schriftbeweises? Wie oft hören wir zur Begründung wichtigster Entscheidungen ungezählte Argumente „aus dem Leben“, aus der „Erfahrung“, aber der Schriftbeweis bleibt aus, und gerade er würde vielleicht in genau entgegengesetzter Richtung weisen. Dass freilich der den Schriftbeweis in Misskredit zu bringen versuchen wird, der selbst die Schrift nicht ernstlich liest, kennt und durchforscht, ist nicht zu verwundern. Wer aber nicht lernen will, selbständig mit der Schrift umzugehen, der ist kein evangelischer Christ.“ Das selbstständige Umgehen mit der Schrift das ist es! Und dann wird schnell deutlich, dass vieles, was derzeit in Deutschland läuft, eher etwas mit Selbstverwirklichung und Häresie von Amtsund Lehrstuhlinhabern zu tun hat als mit dem, was sie eigentlich sein sollten – Helfer für die Gemeinde Jesu in diesem Land! Der Blick in die Bayerische Landeskirche – und nicht nur dorthin – und die Diskussionen um homosexuelles Leben im Pfarramt bestätigen dies. Legen wir den Maßstab der Bibel an die Praxis an, müssen wir feststellen, dass das, was für Gott einst Grund war, Sodom und Gomorrha in Schutt und Asche zu legen, war für Theologen in der EKD Anlass, einen Arbeitskreis zu gründen. „Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man `nen Arbeitskreis“, heißt es spöttisch.

Die Bibel ist aber ein Buch, das man so lesen kann, als hörte man Gott sprechen. Sie ist nicht dazu da, dass wir sie kritisieren, sondern dass sie uns kritisiert. Es soll Theologen geben, die streng nach dem Bibelwort aus Lukas 19, Vers 14 leben: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche!“ Die Bibel soll der Schleifstein sein, an dem unser Gewissen geschärft wird. Wenn wir als Christen in diesem Land nicht begreifen, dass die Worte der Schrift Alten und Neuen Testaments in unseren Köpfen und Herzen Nester bauen wollen, wie es Augustinus ausgedrückt hat, dann steht es nicht gut. Die Welt liest nicht die Bibel – sie liest Dich und mich! Der US-Schriftsteller Nicholas Carr sagte jüngst in einem Interview: „Wenn wir ständig durch Computer und Mobiltelefone abgelenkt und unterbrochen werden, strömen Informationen durch unser Kurzzeitgedächtnis, ohne je in unserem Langzeitgedächtnis verfestigt zu werden. Unser Gehirn ist nicht in der Lage, die starken neuronalen Verbindungen herzustellen, die unserem Denken erst Tiefe und Klarheit verschaffen. Unsere Gedanken werden zusammenhangslos, unser Erinnern fl ach. Der römische Philosoph Seneca hat es bereits vor 2000 Jahren zutreffend formuliert: „Nirgendwo ist der, der überall ist.“ Wir als Christen sollten in unserer Bibel zuhause sein. „Das hilft Leben in dieser Welt! Mir ist‘s nicht um tausend  Welten, aber um dein Wort zu tun.“ Dann kommt auch die einfache Formel von Augustinus zum Tragen, die Zinzendorf so segensreich in seiner Brüderunität angewandt hat: „Im Wesentlichen Einheit – denn da ist die Schrift ganz klar! Im Nebensächlichen Freiheit! In allem aber die Liebe (1. Korinther 13).“

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