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| Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Terroranschlag in Jerusalem

Zwei Palästinenser aus dem Viertel Dschabel Mukaber drangen in eine Synagoge im Westen der Stadt ein, bewaffnet mit Fleischermesser, Axt und einer Pistole. Ihre Opfer waren Männer, die sich zum Morgengebet versammelt hatten. „Noch nie habe ich so viel Blut gesehen. Die Leichen liegen noch in der Synagoge herum, übelst zugerichtet mit Äxten“, sagte die Abgeordnete Miri Regev, nachdem sie in der Synagoge gewesen ist.

Jehuda Meschi Zahav von der frommen Organisation Zaka, die Tote nach Terroranschlägen abtransportiert, sagte: „Ich fühlte mich wie in einem Traum, zurückversetzt in die Zeiten des Holocaust, als fromme Juden beim Gebet grausam abgeschlachtet worden sind.“ Assoziationen mit Pogromen in der Nazizeit äußerten auch andere Sprecher.

Ein Kriminalpolizist auf dem Weg zur Arbeit kam zufällig an der Synagoge vorbei und bemerkte den Tumult. Er rief Verstärkung und stellte sich zusammen mit einem Verkehrspolizisten den Terroristen in den Weg. Insgesamt wurden vier Menschen getötet und acht teilweise lebensgefährlich verletzt. Einer der Polizisten, der mit seinem Körper versuchte, die Angegriffenen zu decken, sei tödlich verletzt worden. Zudem wurden die beiden Attentäter erschossen, die angeblich in einem Laden in dem Viertel gearbeitet haben und sich deshalb gut auskannten. Der Anlass für den Anschlag sei der Tod eines arabischen Busfahrers, der am Tag zuvor in seinem Bus aufgehängt gefunden worden sei. Eine Obduktion der Leiche des Busfahrers aus Ostjerusalem hat ergeben, dass es sich um einen Selbstmord handelte und dass es keine Spur äußerer Gewalt gebe. Palästinenser jedoch behaupteten, dass der Busfahrer von Juden ermordet worden sei. Der Anschlag in der Synagoge sei die Rache für den „Mord“ an dem Busfahrer gewesen.

Verschiedene israelische Sprecher, darunter Premierminister Benjamin Netanjahu wie auch Politiker der Opposition machten unisono den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas und dessen Hetze verantwortlich für die zunehmenden Spannungen in Jerusalem und auch für diesen Anschlag.

Das Dorf Dschabel Mukaber im Süd Jerusalems wurde aus allen Richtungen von der Polizei abgeriegelt. Familienangehörige der beiden Terroristen, Oudai und Rassan Dschamal, Cousins, seien verhaftet worden. In dem Dorf kam es zu Unruhen, als die Polizei anrückte. Die Beamten wurden mit Steinen beworfen.

In Israel wird verzeichnet, dass der amerikanische Außenminister John Kerry und die EU diesmal eine unmissverständliche Verurteilung des Terroranschlags veröffentlicht hätten, während bei vorangegangenen Anschlägen die Verurteilungen eher „weich“ geklungen hätten. Es habe Zweifel gegeben, ob die mehrfachen Versuche, Israelis mit Autos zu überfahren, wirklich Terroranschläge gewesen seien.

Während ein Sprecher der Fatah-Partei in Ramallah erklärte, dass Israel für den Anschlag verantwortlich sei, weil Juden die heiligen Stätten der Moslems „entweihen“, hatte das Amt von Präsident Abbas erstmals eine klare Verurteilung des Anschlags in der Synagoge veröffentlicht. Im israelischen Fernsehen hieß es, dass die Amerikaner erheblichen Druck auf Abbas ausgeübt hätten, damit der eine klare Verurteilung veröffentlichen möge. Israel hatte Abbas vorgeworfen, die Terrorwelle der letzten Zeit geschürt und den Angehörigen des Attentäters von Rabbi Jehuda Glick ein Beileidsschreiben geschickt zu haben, in dem er die Tat gelobt habe. Verschiedene israelische Sprecher, darunter der Polizeiminister Jitzhak Ahronowitch, erklärten, dass es sich auch bei dem Anschlag in der Synagoge um „populären“ Terror handle, also um eine spontane Tat von Einzelnen handle, die geheimdienstlich nicht ermittelt werden könnten, im Gegensatz zu organisiertem Terror. Aus palästinensischen Kreisen verlautete derweil, dass die Palästinensische Volksfront die Verantwortung für den Anschlag übernommen habe.

(C) Ulrich W. Sahm

Nach dem Anschlag: Sicherheitskräfte vor der Synagoge im Jerusalemer Viertel Har Nof <br />Foto: © AFP
Nach dem Anschlag: Sicherheitskräfte vor der Synagoge im Jerusalemer Viertel Har Nof, Foto: © AFP
Wenige Stunden nach dem Attentat feiern maskierte Palästinenser in Rafah (Gazstreifen) vor Postern er mutmaßlichen Attentäter den Angriff auf die Synagoge in Jerusalem<br />Foto: © AFP
Wenige Stunden nach dem Attentat feiern maskierte Palästinenser in Rafah (Gazstreifen) vor Postern er mutmaßlichen Attentäter den Angriff auf die Synagoge in Jerusalem, Foto: © AFP
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