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| Ulrich W. Sahm, Jerusalem

Schwere Schläge für Palästinenser

Die EU droht mit einer Einstellung ihrer Finanzierung der palästinensischen Autonomiebehörde, falls die Verhandlungen mit Israel scheitern.

Die Hamas ist finanziell am Ende, nachdem sie mit Ägypten und anderen Verbündeten gebrochen hat. Politisch wie wirtschaftlich stehen die Palästinenser vor dem Nichts. Sollten die Verhandlungen über ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern scheitern, werde die Europäische Union ihre finanzielle Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde einstellen. Wie der israelische Rundfunk berichtete, habe das ein „hoher EU-Beamter“ einer Gruppe israelischer Journalisten in Brüssel mitgeteilt.

Jährlich überweist die EU fast eine Milliarde Euro nach Ramallah. Damit werden die Gehälter des aufgeblähten Beamtenapparats der Behörde bezahlt, aber auch Projekte zum „Aufbau eines Staatswesens“. Dank der europäischen Zuwendungen werden so Gelder frei für eine in Ramallah unübersehbare Korruption mit dicken Autos, Luxusvillen, teuren Hotels mit großen Swimmingpools, einem aufwendigen mehrmals umgebauten Mausoleum für Jassir Arafat sowie einem 80 Millionen US-Dollar teuren staatlichen Gästehaus mitsamt zwei Hubschrauberlandeplätzen.

Das errichtet palästinensische Investitionsgesellschaft Pecdar aus „Eigenmitteln“. Laut Medienberichten sei die EU von der Autonomiebehörde enttäuscht. So hat die Sunday Times im Oktober einen internen Report veröffentlicht, wonach in zwischen 2008 und 2012 von etwa 3 Milliarden Euro EU-Hilfsgeldern fast 2,4 Milliarden „verloren“ gegangen seien. Das hätten Rechnungsprüfer entdeckt. Noch steht eine volle Veröffentlichung des Reports durch die EU und eine Reaktion der Palästinensischen Behörde aus. Weiterer Frust sei durch die Monopolstellung der USA bei den Friedensverhandlungen mit Israel entstanden, obgleich die EU der größte Geldgeber ist.

Al-Monitor berichtet, dass die Palästinenser wenig Vertrauen in die Europäer hätten und deshalb nicht auf eine aktive Beteiligung der EU an den Friedensgesprächen drängen. Selbst der Versuch der EU-Kommission unter Catherine Ashton, Sympathien bei den Palästinensern durch einen Boykott israelischer Waren aus den „illegalen“ Siedlungen zu erwerben, scheiterte laut Al-Monitor an Wirklichkeit.

Etwa 25.000 Palästinenser verdienen ihren Lebensunterhalt in den Siedlungen und palästinensische Geschäftsleute treiben unbekümmert Handel mit israelischen Siedler- Firmen. Peinlich für die Palästinenser ist die Behauptung französischer Experten, wonach Jassir Arafat nicht vergiftet worden, sondern infolge allgemeiner Infektion durch „Altersschwäche“ eines „natürlichen Todes“ gestorben sei. Arafats Witwe Suha äußerte sich „schockiert“ über die widersprüchlichen Darstellungen des Todes ihres Mannes. Der verspätete Versuch, Israel als „Mörder“ Arafats mit hochgiftigem Polonium 210 abzustempeln, wie das ein Schweizer Labor behauptet hat, klingt zunehmend unwahrscheinlicher.

In schwerster Bedrängnis befindet sich auch die Hamas im Gazastreifen. 2007 hat sie sich an die Macht geputscht. Damals wurden die Islamisten noch vom Iran und Saudi Arabien finanziert. Nach Ägypten führten Schmugglertunnel. Die waren die wichtigste Einnahmequelle der Hamas. Inzwischen hat die Hamas mit allen seinen Verbündeten gebrochen. Ägypten hat seit dem Umsturz der Islamistenregierung des Präsidenten Mursi der Hamas den Kampf angesagt.

Unter anderem verübelt ihr Kairo eine Beteiligung an Kämpfen der Salafisten und anderer radikaler Gruppen gegen das ägyptische Militär auf der Sinaihalbinsel. In der Zwischenzeit hat Ägypten fast alle Schmugglertunnel systematisch zerstört und so eine Versorgung des Gazastreifens mit Nahrungsmitteln, Verbrauchsgütern, Zigaretten und Benzin unterbrochen. Die Ägypter schließen immer wieder den Grenzübergang in Rafah, dem einzigen Zugang der Palästinenser ins Ausland, da Israel am Erez-Übergang in „humanitären Fällen“ die Ein- oder Ausreise erlaubt.

Waren werden per Lastwagen über den Keren Schalom Terminal in den Gazastreifen gebracht, aber nur in beschränkten Mengen und ohne dass die Hamas hier Steuern erheben könnte. Nachdem die Israelis einen mit vielen Betonträgern gebauten Tunnel entdeckt haben, durch den Terroristen unter der Grenze hinweg nach Israel eindringen sollten, um Anschläge zu verüben oder Soldaten zu entführen, hat Israel die Lieferungen von Baumaterial gestoppt. Damit kam die Bauwirtschaft im Gazastreifen zum Erliegen.

Es folgten weitere Schläge. Wegen des Ausbleibens billigen Dieselöls aus Ägypten, etwa 1 Million Liter pro Tag, muss nun die Hamas Dieselöl aus Israel beziehen, jedoch zum vollen Preis mitsamt Steuern, wie sie die Autonomiebehörde in Ramallah verlangt. Die Hamas weigert sich und hat das einzige Kraftwerk im Gazastreifen stillgelegt, das etwa 10 Prozent des Strombedarfs abdeckt. Die Folge sind Stromausfälle bis zu 18 Stunden am Tag.

Schlimmer noch ist der Ausfall der Pumpen und Kläranlagen. Kloake fließt durch die Straßen. Die Propaganda der Hamas läuft auf Hochtouren, zumal die Abwässer längst auch das Grundwasser verseucht haben. Gleichwohl ist das nur die halbe Wahrheit. Denn Israel deckt weiterhin 62 Prozent des Strombedarfs im Gazastreifen mit jährlichen 125 Megawatt ab. Nach Angaben der israelischen Militärverwaltung bezahle Ramallah den Strom. Wenn also die Pumpen und Klärwerke im Gazastreifen ausfallen, ist das eine willkürliche Entscheidung der Hamas. Denn Elektrizität ist verfügbar, wenn auch nicht im vollen Umfang.

Zweifellos leidet die Hamas unter akuter wirtschaftlicher Not, wenn sie aus Geldmangel sogar ihre Jahresfeiern zur Gründung der Organisation am 7. Dezember 1987 absagt und die dafür vorgesehenen Gelder zur „Linderung des Leidens der Bevölkerung“ verwenden will.

Medienarbeit / Presse