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| Hartmut Petersohn, Berlin

„Ich bin gerade fleißig am Lernen“

Ehemaliges Flüchtlingskind setzt sich gegen deutsche Bürokraten durch –

„Zum Leben“ berichtete über Sabina Tahirs Abschiebung, Rückkehr und Prozess

In der Verwaltungsstreitsache Sabina Tahir./. Land Berlin verkündete der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts der Hauptstadt: „Dieser Beschluss ist unanfechtbar.“ Klägerin Tahir, ein ehemaliges Flüchtlingskind, hat das Urteil nicht abgewartet, sie war zum Beginn des Wintersemesters aus der bosnischherzegowinischen Hauptstadt in ihre „Heimatstadt“ Berlin zurückgekommen. In Sarajevo sei sie immer die Ausländerin geblieben. „Dieses Gefühl hatte ich in Deutschland nie – weder im Kindergarten noch in der Schule“, erzählte Sabina Tahir. Das war im vorigen Jahr, im Sommer, in Sarajevo. Im Juli 2010 war die 22-jährige aus der Bundesrepublik ausgewiesen worden – kurz von dem Abitur. Nun saß sie mit zwei ihrer Freundinnen, Mitschülerinnen aus Berlin, in dem kleinen Cafe am Ufer der Miljacka. Über dem Tal, in dem sich die bosnisch-herzegowinische Hauptstadt weithin streckt, zogen die ersten dunklen Wolken dieses heißen Sommers auf. Am Ufer gegenüber prächtige weiße Fassaden, die Post, Hotels, nicht weit davon das Nationaltheater. Die letzten Strahlen der Abendsonne fielen auf die Lateiner-Brücke – hier wurde 1914 Erzherzog Franz Ferdinand erschossen. Das Attentat löste den I. Weltkrieg aus.

Fast 100 Jahre später flohen Sabina Tahirs Eltern nach Deutschland – vor einem Bürgerkrieg, in dem 100.000 Menschen starben. 1998, drei Jahre nach dem Dayton-Abkommen, das den Krieg in Bosnien-Herzegowina stoppte, waren sie zurückgekehrt, nicht nach Tuzla, – von dort war die bosnische Familie Tahir geflüchtet – sondern nach Sarajevo. In Tuzla wohnen jetzt Serben. An den Krieg erinnert sich Sabina nicht mehr. Die Eltern, Gastarbeiter in Berlin, hatten ihre Tochter gleich zu Beginn des Bosnienkrieges im Mai 1992 in die deutsche Hauptstadt geholt. Im bosnischen Bijeljina hatte Sabina bei den Großeltern gewohnt, sich wohlgefühlt und alles schön und aufregend gefunden. Gewundert habe sie sich nur, dass sie nachts immer in den Keller schlafen gingen, am Tag sich im Wald aufhalten mussten – und auch ein bisschen Angst habe sie gespürt. Was sie nicht wissen konnte: In Ex-Jugoslawien hatte das große blutige Jagen begonnen – Serben und Kroaten gegen Bosnier und dann auch mal jeder gegen jeden.

Lesen Sie den ganzen Artikel in der Ausgabe 1/2011.

Sarajevo, Foto: Hartmut Petersohn
Versöhnungsarbeit