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| Ulrike Bernhardt, Annaberg-Buchholz

Stadthalle Marienberg stand im Zeichen von „50 Jahre diplomatische Beziehungen Deutschland-Israel“

Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel vor 50 Jahren wurde im vergangenen Jahr mit großer thematischer Vielfalt in Hunderten von Veranstaltungen in beiden Ländern gewürdigt, auch in Sachsen. Dass die Kooperation auch auf militärischem Gebiet weit fortgeschritten ist, bringen weitere Beiträge in dieser Ausgabe zum Ausdruck. Wenige verbinden dies indes mit Kultur. Doch angesichts der Bedeutung von Kultur und Werten für eine Armee mit hohen moralischen Ansprüchen – Soldaten der IDF dürfen ungestraft Befehle verweigern, wenn diese Unrecht sind – ermöglichen es die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), Hebräisch „ZAHAL“, jungen, hochkarätigen Musikern, ihren Militärdienst zu leisten, gleichzeitig ihr musikalisches Talent weiter auszubilden und so ihre Karriere als professionelle Musiker zu fördern. Dies geschieht im ZAHAL-Ensemble. Geschaffen wurde diese Musikeinheit von derzeit 140 jungen Leuten innerhalb der Armee vor etwa 20 Jahren. Umso mehr lag es nahe, dass dieses Ensemble im Rahmen der Feierlichkeiten auf Deutschlandtournee ging.

Am 23. November begeisterten vier junge Musiker in Uniformen der israelischen Armee ihr Publikum in der Stadthalle der sächsischen Garnisonstadt Marienberg. Weitere Konzerte fanden in Stuttgart, Darmstadt und Nürnberg statt. Mit den Einnahmen der Benefizkonzerte werden soziale Projekte in Israel unterstützt. Eine Vielzahl der Überlebenden des Holocaust lebt dort unter der Armutsgrenze. Ihnen soll mit unterschiedlicher Hilfe, auch finanzieller, das tägliche Leben erleichtern werden. Organisiert wurde die Tournee von der „Vereinigten Israel Aktion - Keren Hayesod Deutschland“, unterstützt von der „Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem“ (ICEJ). Das Konzert in Marienberg, bei dem neben den Musikern aus Israel auch die Bergkapelle Pobershau mitwirkte, kam, neben Keren Hayesod, vertreten durch deren Münchener Repräsentanten Udi Lehavi, mit Unterstützung der Stadt Marienberg, der Führung des örtlichen Bundeswehrstandortes und mit engagierten sächsischen Israelfreunden der Region zustande. Die Anwesenheit hochrangiger Gäste drückte in besonderer Weise die Wertschätzung und Hochachtung für die Überlebenden des Holocausts, aber auch die Verbundenheit mit dem ständig in seiner Existenz bedrohten jüdischen Staat aus.

So waren neben Marienbergs Oberbürgermeister Andre Heinrich als Gastgeber auch der Vizepräsident des Sächsischen Landtages, Horst Wehner, der Vorsitzende der Sächsischen Israelfreunde e.V. und Stadtrat in Dresden, Lothar Klein, Oberstleutnant Thorsten Gensler, Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 371 „Marienberger Jäger“, Brigadegeneral Ruprecht von Butler, Kommandeur der Panzergrenadierbrigade 37 in Frankenberg, aber auch Mitglieder der Jüdischen Gemeinde aus Chemnitz – von den Sächsischen Israelfreunden nach Marienberg eingeladen und mit Blumen begrüßt – gekommen. Als besondere Gäste aus Israel, die sich in Grußworten an die Besucher richteten, konnten der Gesandte der Botschaft des Staates Israel in Deutschland, Avraham Nir-Feldklein, der Gründer des ZAHAL-Ensembles, General a.D. Nehemia Dagan, und Udi Lehavi von Keren Hayesod, den eine langjährige Freundschaft mit den Sächsischen Israelfreunden verbindet, begrüßt werden.

Bataillonskommandeur Gensler verdeutlichte durch seine bewegende Ansprache noch einmal den Zusammenhang zwischen der Verantwortung Deutschlands aufgrund seiner Vergangenheit für das Gedenken an die Opfer des Holocausts und der praktischen Unterstützung der Überlebenden, sowie die Bedeutung des Jubiläums 50 Jahre israelisch-deutsche Beziehungen. Allein die breite Zusammenarbeit der israelischen und deutschen Streitkräfte, die u.a. auch durch dieses Konzert sichtbar werde, stelle bei allen aktiven Bemühungen des Aufeinanderzugehens immer noch ein großes Wunder dar und verdeutliche die Größe der israelischen Gesellschaft, die bereit war, den Deutschen in einer unvorstellbar unverdienten Haltung der Versöhnung entgegenzukommen.

Lothar Klein, Vorsitzender der Sächsischen Israelfreunde e.V., erinnerte an die feindselige Haltung der ehemaligen DDR gegenüber Israel sowie deren propagandistische, logistische und militärische Unterstützung des palästinensischen Terrors gegen den jüdischen Staat. Er benannte die wenig bekannte Tatsache, dass die DDR Syrien im Kampf gegen Israel im Yom-Kippur-Krieg 1973 mit Jagdflugzeugen unterstützt habe und dass im Zuge dieser „Geheimoperation Aleppo“ Erich Honecker 28 Jahre nach dem Holocaust deutsche Soldaten in einen Krieg gegen Juden abkommandierte. Die nötige Aufarbeitung dieser Geschichte, die in der DDR verdrängte Aufarbeitung der Rolle Sachsens im Holocaust, die judenfeindlichen Kapitel der Kirchengeschichte, aber auch erneut wachsender Antisemitismus, der heute häufig in Form von Antizionismus und Israelfeindschaft zutage trete, z.B. auch in einer unfairen Berichterstattung deutscher Medien über Israel und im Messen mit zweierlei Maß zwischen Israel und den Palästinensern.

Als letzter Redner stellte General a.D. Nehemia Dagan, Gründer und Projektleiter des ZAHAL-Ensembles, dessen Hintergrund vor. Er berichtete aus seinem Erleben, dass er als junger Pilot der im Aufbau befindlichen Luftstreitkräfte Israels in der jungen Bundesrepublik zur Flugausbildung war, und er gemeinsam mit einem Angehörigen der Bundesluftwaffe, der vorher Jagdflieger in Hitlers Luftwaffe war, das ehemalige Konzentrationslager Ravensbrück mit einem Militärflugzeug überflog. Der jüdische Staat habe sehr bald nach der Schoah mit dem einstigen Feind, der bemüht war, Lehren aus seiner dunklen Geschichte zu ziehen, auf militärischem Gebiet kooperiert, weil es um die Existenz Israels ging.

Daraus sei in 50 Jahren tiefes Vertrauen gewachsen. Dann betraten endlich die vier israelischen Künstler die Bühne, überzeugten die Zuhörer mit der hohen Qualität der Darbietungen und gewannen mit einigen klassischen Stücken, aber auch mit bekannten Liedern wie „Yerushalayim shel sahav“ (Jerusalem von Gold) das Publikum schnell für sich. Der musikalische Bogen spannte sich an diesem Abend weit, wie die „Freie Presse“ (FP) berichtete. Von klassischer über israelische und bergmännische bis hin zu schottischer Musik reichte das den etwa 250 Gästen gebotene Programm. „Neben jeweils einzeln gespielten Musikstücken haben wir nur die Nationalhymnen unserer beiden Länder zusammen gespielt. Wir Pobershauer haben uns im Vorfeld die entsprechenden Noten besorgt und geprobt. Direkt vor Veranstaltungsbeginn haben wir dann mit dem ZAHAL-Ensemble erstmals gemeinsam musiziert.

Musik und auch die Noten sind zum Glück international“, wird der musikalische Leiter der Bergkapelle, Uwe Baldauf, in einem Artikel der FP zitiert. Mit diesem gemeinsam Spielen und Singen der beiden Nationalhymnen, zu dem sich das tief bewegte Publikum von den Plätzen erhob, fand die würdige Veranstaltung ihren Abschluss. Spontan schloss sich ein intensiver Gedankenaustausch unter den Beteiligten an, bei dem auch manches Gruppenfoto zur Erinnerung entstand. Die sächsischen Gastgeber bedankten sich bei ihren israelischen Gästen und wünschten ihnen Gottes Segen und Schalom für ganz Israel.

Medienarbeit / Presse